Natur und Vogeschutzgruppe Geiss-Nidda
Letzte Änderung: 
11.02.2022 
11.15 Uhr  

Die Artenvielfalt zum Ziel

Die Natur- und Vogelschutzgruppe Geiß-Nidda ist seit 50 Jahren unermüdlich im Einsatz

Birgit Wichelmann-Werth – Januar 2022

Im Januar 1972 wurde in Geiss-Nidda von einigen Bewohnerinnen und Bewohnern die Natur- und Vogelschutzgruppe NVSG e.V. gegründet. Erster Vorsitzender war damals Kurt Müller, auch heute noch ein begeisterter Naturschützer und Imker. Vorausgegangen waren starke Veränderungen der Umwelt durch das Flurbereinigungsverfahren, dem viele Hecken und Streuobstwiesen zum Opfer gefallen waren. Dies löste Bestürzung aber auch den Willen aus, etwas für die Verbesserung und Verschönerung der natürlichen Umwelt zu tun. Mit großem Elan und noch größerer Begeisterung gingen die freiwilligen Naturschützer ans Werk, um ihre Gemeinde und die Gemarkung wieder naturgemäßer zu gestalten. Seitdem hat die ehrenamtliche Naturschutzarbeit hier einen festen Platz. Tausende von freiwilligen ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden wurden erbracht. Die Gestaltung der Gemarkung Geiss-Nidda wurde durch die Arbeit der NVSG maßgeblich mit beeinflusst. Es gibt Streuobstwiesen, landwirtschaftlich genutzte Flächen, ein kleines Waldgebiet mit Randzone, Grünland und kleine Teiche. Das heißt, die Landschaft ist auch heute noch strukturreich.

Geografisch gesehen liegt sie am Rand der Wetterauer Trockeninsel am westliche Hang des Vogelsberges. Das Klima ist geprägt durch höhere Temperaturen und weniger Niederschläge als im Vogelsberg. Das trägt zur Artenvielfalt im Gebiet bei. Mehr als einhundert Vogelarten wurden hier bereits beobachtet und dokumentiert. Mindestens vierzig Arten sind als Brutvögel nachgewiesen. Wildlebende Säugetiere sind Rehe, Wildschweine, Füchse, Marder und Eichhörnchen. Trotz des allgemeinen Insektensterbens gibt es hier dank der Streuobstwiesen, die nicht durch Pestizide belastet sind, noch eine relative Vielzahl an Käfern, Wildbienen, Zweiflüglern und sonstigen Hautflüglern.

Die für die Natur wichtigsten Gebiete der Gemarkung sind die Streuobstwiesen, der Basaltmagerrasen „Dretsch“, der Waldrand und die Rohrwiesenteiche. In all diesen Gebieten ist die NVSG kontinuierlich aktiv und trägt so zum Erhalt der Artenvielfalt bei.

 

Schutz der Vögel

In der Gemarkung Geiss-Nidda wurden ca. 350 Nisthilfen aufgehängt, die jährlich kontrolliert, gesäubert und bei Bedarf erneuert werden. 30 hiervon sind Steinkauzröhren. Damit ist Geiss-Nidda einer der Orte im Wetteraukreis mit der höchsten Dichte an brütenden Steinkäuzen, deren Anwesenheit wir in diesen Wintertagen bereits an ihren Balzrufen erkennen können. Laut Roter Liste von 2014 brüten in Hessen ca. 750 bis 1000 Paare und der schöne und nützliche Vogel steht als Vorwarnung in der Roten Liste. Jedes Paar, das in den Streuobstwiesen brütet und seine Jungen großzieht, ist ein Beitrag zur Arterhaltung. Die Röhren werden in jedem Frühsommer kontrolliert und die Jungvögel werden beringt. Diese Ringmeldungen gehen an die Vogelwarte Helgoland, die die zentrale Dokumentation verwaltet, so dass das Schicksal und die Wanderrouten der Vögel nachverfolgt werden können.

Die anderen Nisthilfen werden hauptsächlich von Kohlmeisen, Blaumeisen, Kleibern und Feldsperlingen belegt. Dies sind Singvögel, die keine eigenen Nester bauen, sondern als Höhlenbrüter auf Baumhöhlen angewiesen sind. Diese sind in der Natur auch hier sehr rar geworden und die Nisthilfen werden so erfolgreich angenommen, dass die Mehrzahl der Kästen in jeder Brutsaison belegt sind. Im Winter werden sie durch ehrenamtliche Betreuer geleert und gesäubert, damit keine Parasiten dort überleben und in der nächsten Brutsaison die Vögel befallen können. Insbesondere für den Vogelnachwuchs wäre dies eine tödliche Bedrohung.

Im Jahr 2017 beteiligte sich die NVSG Geiss-Nidda an der Rettungsaktion des Wetteraukreises für den Gartenrotschwanz. Auch er ist ein Höhlenbrüter aber im Gegensatz zu Meisen und Feldsperlingen ist er kein Standvogel, sondern ein Zugvogel, der in Afrika südlich der Sahara überwintert. Er kommt erst spät im Frühling von seiner langen Reise zurück und findet dann meist schon alle geeigneten Nistmöglichkeiten besetzt. Deshalb, und weil sein Lebensraum geschwunden ist, steht er auf der Roten Liste bereits in Kategorie 2 (vom Aussterben bedroht). Die Fachstelle Naturschutz des Wetteraukreises rief daher alle örtlichen Naturschutzgruppe zur Rettung dieses Singvogels auf, stellte geeignete Nistkästen zur Verfügung und die Aufgabe der Gruppen war es, geeignete Standorte zu finden und die Nistkästen aufzuhängen. Bisher muss man allerdings leider feststellen, dass die Anstrengungen noch keinen durchschlagenden Erfolg gebracht haben aber immerhin gibt es noch einige wenige Brutpaare in der Gemarkung und die Hoffnung auf eine Zunahme der Brutbestände ist nach wie vor vorhanden.

Selbst die Mehlschwalben sind inzwischen gefährdet, doch dank des Engagements der NVSG sind ihre Bestände in Geiss-Nidda halbwegs stabil. Früher gab es an jedem Haus im Ort Bruthöhlen, die von den Mehlschwalben selbst gebaut worden waren. Inzwischen sind diese absolut selten geworden, denn durch die Versiegelung der Böden ist Baumaterial für die Schwalben rar geworden. Als Ersatz dienen Nisthöhlen, die an geeigneten Stellen unter einem Dachvorsprung am Haus angebracht werden können. Auch wenn es im Dort Menschen gibt, die keine Schwalben an ihren Häusern dulden, so gibt es andererseits Aktionen, die den Schwalben helfen. So wurde im Jahr 2009 ein Schwalbenhaus in Geiss-Nidda aufgestellt, das von den Vögeln sehr gut angenommen wurde. Es ist jedes Jahr wieder eine Freude wenn die Schwalben Mitte April heimkehren und ihre Nester beziehen. Die Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass es immer noch ca. 350 bis 500 Mehlschwalben in Geiss-Nidda gibt.

 

Schutz der Streuobstwiesen

Streuobstwiesen sind ungemein wichtige und artenreiche Biotope. Sie bieten Lebensraum für Vögel und Insekten. Die NVSG Geiss-Nidda hat in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen des Ortes, dem Ortsbeirat und der Stadt Nidda mehrere Streuobstwiesen angelegt und betreut sie bis heute. Sie müssen regelmäßig gemäht werden, damit sich der Bewuchs unter den Bäumen nicht zu üppig entwickelt und der Verbuschung Einhalt geboten wird. Außerdem müssen die Bäume selbst in regelmäßigen Abständen geschnitten werden, um sie vor Wildwuchs und Vergreisung zu bewahren. Die häufigsten Vögel in den Streuobstwiesen sind der Grünspecht, der Gartenrotschwanz, der Steinkauz, Trauerschnäpper, diverse Grasmücken und mehrere Meisenarten.

 

Schutz der Amphibien

Im Flusssystem der Nidda liegen die Rohrwiesenteiche. Sie wurden nach erfolgter Entwässerung des früheren Sumpfgebietes zwischen 1983 und 1985 geplant und mithilfe des Forstamtes Nidda und einer heimischen Baufirma realisiert. Dieses Feuchtgebiet mit den Flachwasserteichen dürfte zu den artenreichsten Lebensräumen der Gemarkung gehören. Leider ist es von einer vielbefahrenen Straße und dem Eisenbahndamm durchschnitten, so dass die Amphibien beim Aufsuchen ihrer Laichgewässer im Frühjahr hochgradig durch den Straßenverkehr gefährdet sind. Das macht es notwendig, in jedem Jahr eine aufwändige Rettungsaktion durchzuführen. Morgens und abends müssen die Kröten am Abfangzaun eingesammelt und von freiwilligen Helfern über die Straße transportiert werden. Auf diese Art und Weise ist es immerhin gelungen, die hiesige Amphibienpopulation auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. Erdkröten, Molche, Laubfrösche, Grasfrösche und selten auch einmal eine Ringelnatter werden sicher über die Straße gebracht. Im Winter 2017/2018 wurden auf Initiative der NVSG Renaturierungsmaßnahmen vom Forstamt Nidda durchgeführt. Diese waren durch starke Verschlammung und Verlandungsprozesse nötig geworden. Zu dicht am Gewässer stehende Bäume wurden gefällt und die Wasserzonen erheblich ausgeweitet, so dass mehrere untereinander verbundene Teiche entstehen konnten, die von einer Schilfzone umgeben sind. Bereits im folgenden Sommer konnten 19 verschiedene Libellenarten an den Teichen beobachtet werden, die die Gewässer zur Eiablage nutzten.

Als Brutvögel haben sich dort Teichrohrsänger, Rotkehlchen, Kleiber, Zilpzalp und die Rohrammer etabliert. Letztere steht auch bereits in der Vorwarnung der Roten Liste.

 

Schutz des Magerrasens

Ein Biotop von europäischem Rang ist der westlich gelegene Basaltmagerrasen „Dretsch“. Er ist als FFH – Flora Fauna Habitatgebiet und als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen. Hier wachsen seltene Pflanzen wie Kartäuser- und Büschelnelke, Mauerpfeffer und Fetthennen und als große Seltenheit auch der „Zweifelhafte Grannenhafer“. All diese Pflanzen stehen in Deutschland unter Naturschutz, für den Grannenhafer hat der Wetteraukreis eine besondere Verantwortung übernommen, da er nur noch an sehr wenigen Stellen in Deutschland zu finden ist. Entsprechend dieser Pflanzengemeinschaft und dem submediterranen Klima findet sich hier auch eine spezielle Insektengemeinschaft ein. So entdeckt der aufmerksame Beobachter im Sommer und Herbst viele Wärme liebende Schmetterlingsarten wie den Schachbrettfalter, den Schwalbenschwanz, den Malvendickkopf, den Hauhechelbläuling und den Kurzschwänzigen Bläuling. Auch so seltene Insekten wie die Sandhummel, die Hottentotten-Schwebfliege und die Hornissenraubfliege wurden bereits beobachtet. Entsprechend diesem Insektenvorkommen finden auch bestimmte Vögel hier ihren Lebensraum. Zurück aus den Überwinterungsgebieten im Südlichen Afrika stellen sich Neuntöter, Gartenrotschwänze und Dorngrasmücken im Frühling ein und suchen nach geeigneten Nistplätzen. Ganzjährig zu beobachten sind Goldammern, Mäusebussard und Turmfalke. Auch die Rotmilane nutzen den Platz gern, um auf ihrem Frühjahrszug hier einige Tage Rast einzulegen.

Auch nach 50 Jahren ist die Natur- und Vogelschutzgruppe Geiss-Nidda unter der jetzigen Vorsitzenden Karin Seum ein sehr lebendiger Verein, auch wenn in den letzten beiden Jahren die öffentlichen Aktivitäten, durch die Pandemie bedingt, sehr stark eingeschränkt werden mussten. Es gelang immerhin, nicht nur die absolut notwendigen jährlichen Maßnahmen des Vogel- und Amphibienschutzes durchzuführen, es konnten sogar einige sommerliche Aktionen mit der neuen Kindergruppe realisiert werden.

Und es gibt viele neue Aktivitäten, die bereits geplant wurden für die Zeit, in der Corona nicht mehr das alles beherrschende Thema sein wird. So wird es spezielle Maßnahmen für den Schutz der heimischen Fledermäuse geben und weitere Verbesserungen der natürlichen Umwelt durch Pflanzaktionen für Bäume, die an den Klimawandel angepasst sind.

 

Wer Interesse hat, die Natur- und Vogelschutzgruppe Geiss-Nidda zu unterstützen oder Mitglied zu werden, der kann sich informieren unter

www.nvsg-geiss-nidda.de und Kontakt aufnehmen unter

Kontakt@nvsg-geiss-nidda.de.

 

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